Das Bundesverfassungsgericht hat am 5. August 2021 beschlossen, den Rundfunkbeitrag zum 20. Juli 2021 vorläufig auf 18,36 € anzupassen.
In der nachfolgenden Rubrik finden Sie Antworten auf häufig gestellte Fragen zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Informationen darüber hinaus bietet die lange Version der FAQ als PDF-Dokument.
FAQ — Häufig gestellte Fragen im Überblick:
Alle Antworten:
1. Warum haben ARD, ZDF und Deutschlandradio im Dezember 2020 Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingereicht?
Die Länder sind verpflichtet, für eine funktionsgerechte Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu sorgen. 15 Länderparlamente haben 2020 dem Ersten Medienänderungsstaatsvertrag und damit einer Erhöhung des monatlichen Rundfunkbeitrags auf 18,36 Euro zugestimmt. Die Regierung von Sachsen-Anhalt hat den Staatsvertrag dem Parlament hingegen nicht vorgelegt. Damit konnte es keine Beitragserhöhung zum 1. Januar 2021 geben. ARD, ZDF und Deutschlandradio haben daher eine Verfassungsbeschwerde erhoben.
2. Was genau hat das Bundesverfassungsgericht am 5. August 2021 beschlossen?
Das Bundesverfassungsgericht hat der Verfassungsbeschwerde von ARD, ZDF und Deutschlandradio stattgegeben. Das Gericht hat deutlich gemacht, dass das Land Sachsen-Anhalt verfassungswidrig gehandelt hat, weil aufgrund von medien- oder programmpolitischen Erwägungen kein finanzieller Druck auf die Sender ausgeübt werden darf. Für das Bundesverfassungsgericht waren die Argumente von Sachsen-Anhalt nicht ausreichend. Der Rundfunkbeitrag wird vorläufig zum 20. Juli 2021 auf 18,36 € angepasst.
3. Was heißt das Urteil des Bundesverfassungsgerichts für die Debatte über den Auftrag der öffentlich-rechtlichen Sender?
In seinem Beschluss hat das Gericht die besondere Aufgabe des beitragsfinanzierten öffentlich-rechtlichen Rundfunks für authentische und sorgfältig recherchierte Informationen hervorgehoben. Er soll, insbesondere in Zeiten von Filterblasen und Fake News ein vielfaltsicherndes und Orientierungshilfe bietendes Gegengewicht bilden. Und er muss eine Plattform für alle Lebensbereiche bieten. Der Hinweis des Bundesverfassungsgerichts auf die Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks resultiert aus dem im Medienstaatsvertrag definierten Programmauftrag: Die öffentlich-rechtlichen Sender sollen Information, Kultur, Bildung und Unterhaltung bieten. Die Definition des Rundfunkauftrags ist und bleibt damit Sache der Länder. Sie können den Auftrag verändern, es muss darüber jedoch Einvernehmen bestehen. Die Länder dürfen aber nicht in die Programme eingreifen, etwa, weil ihnen Sendungen oder die Berichterstattung nicht gefallen. Sie dürfen auch nicht die Finanzierung mit der Auftragsdebatte verknüpfen. Das ist verfassungswidrig, weil dann die Sender nicht mehr vor staatlicher Einflussnahme geschützt wären.
4. Was bedeutet die im Grundgesetz verankerte „Rundfunkfreiheit“?
Die Rundfunkfreiheit ist ein in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz gewährleistetes Grundrecht. Es schützt alle mit der Rundfunkveranstaltung verbundenen Tätigkeiten von der Informationsbeschaffung über die Programmgestaltung bis zur Distribution vor staatlichem Zugriff. Denn eine freie Meinungsbildung ist nur möglich, wenn die Staatsferne des Rundfunks gesichert ist.
Die Abgeordneten der Landtage spielen auch in Zukunft eine wichtige Rolle, wenn es um den Auftrag und die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks geht. Beide Themen dürfen nur nicht vermischt werden. Das Bundesverfassungsgericht hat darauf verwiesen, dass die Länder bei der Rundfunkfinanzierung in einer „föderalen Verantwortungsgemeinschaft“ handeln. Das schließt die Blockade durch ein Veto eines einzelnen Landes gegen das eindeutige Votum von 15 anderen ebenso demokratisch verfassten Landtagen aus. Die Länder dürfen auch eine Entscheidung nicht durch eine bewusste „Nicht-Befassung“ verhindern. Wenn ein Land eine abweichende Position hat, muss es die anderen davon überzeugen, damit sie gemeinsam eine Lösung finden. Unabhängig davon haben die Länder auch künftig die Möglichkeit, ein anderes Verfahren für die Beitragsfestsetzung zu wählen.
6. Mit dem Urteil folgt das Verfassungsgericht seiner bisherigen Rechtsprechung, die den öffentlich-rechtlichen Rundfunk vor Einmischungen aus der Politik schützen soll. Wer kontrolliert ARD, ZDF und Deutschlandradio?
Die öffentlich-rechtlichen Sender sollen Information, Kultur, Bildung und Unterhaltung bieten. Diese Definition des Rundfunkauftrags ist und bleibt Sache der Länder. Die Länder können den Auftrag verändern, es muss darüber jedoch Einvernehmen bestehen. Die Länder dürfen aber nicht in die Programme eingreifen, etwa, weil ihnen Sendungen oder die Berichterstattung nicht gefallen. Sie dürfen auch nicht die Finanzierung mit der Auftragsdebatte verknüpfen. Kontrolliert werden die Sender vor allem durch zwei Aufsichtsgremien.
7. Wer entscheidet, wie hoch der Beitrag ist?
Über die Höhe des Rundfunkbeitrags entscheiden nicht die öffentlich-rechtlichen Sender. Sie melden nur ihren Bedarf an. Den Bedarf zu prüfen und eine Empfehlung für die Höhe des Beitrags abzugeben, ist Aufgabe der unabhängigen Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF). Der Beitrag wird in einem mehrstufigen Verfahren festgelegt, bei dem die Länder und Landtagsabgeordneten eine wichtige Rolle spielen.
8. Wie wird der Rundfunkbeitrag zum 20. Juli angepasst?
Das Bundesverfassungsgericht hat beschlossen, dass der Artikel 1 des Ersten Medienänderungsstaatsvertrags vorläufig mit Wirkung vom 20. Juli 2021 gilt. In diesem Artikel 1 ist die Beitragshöhe von 18,36 Euro von allen 16 Landesregierungen vereinbart worden.
9. Warum wurde der Rundfunkbeitrag nicht zum 1. Januar angepasst?
Das Bundesverfassungsgericht hat davon abgesehen, den Beitrag rückwirkend zum 1. Januar 2021 anzupassen. Das liegt daran, dass nicht alle seit dem 1. Januar 2021 getroffenen Sparmaßnahmen nachgeholt werden können. Das Gericht legt aber fest, dass ARD, ZDF und Deutschlandradio dem Grunde nach eine Kompensation zusteht, beispielsweise für aufgeschobene Investitionen. Das soll der Beitragsgesetzgeber bei der nächsten Festsetzung des Rundfunkbeitrags berücksichtigen. Nach Auffassung des BVerfG müssen die finanziellen Auswirkungen für die Landesrundfunkanstalten von der KEF analysiert werden. Dann sind die Länder aufgefordert, gemeinsam eine Lösung für die den Rundfunkanstalten entgangenen Beiträge zu finden.
10. Wann wird auf die Beitragshöhe von 18,36 € umgestellt?
Der Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio beginnt ab Ende August 2021 mit dem Einzug und informiert die Beitragszahlenden individuell und gemäß der Zahlungsweise, für die sie sich entschieden haben, über die Anpassung der Beitragshöhe. Der neue Beitrag wird erstmals für August 2021 erhoben.
Weitere Informationen werden rechtzeitig auch auf rundfunkbeitrag.de veröffentlicht.
11. Wer erhält die Einnahmen aus dem Rundfunkbeitrag?
ARD, ZDF und Deutschlandradio sind die öffentlich-rechtlichen Sender in Deutschland. ARD und ZDF finanzieren sich zum überwiegenden Anteil aus dem Rundfunkbeitrag. Die Angebote von Deutschlandradio sind dabei vollständig werbefrei, werden also ausschließlich über den Anteil am monatlichen Rundfunkbeitrag finanziert. Deutschlandradio erhält vom monatlichen Rundfunkbeitrag künftig 54 Cent. Davon werden die Programme unterhalten, aber zum Beispiel auch vier international renommierte Orchester und Chöre mitfinanziert. Über den Rundfunkbeitrag werden auch die Aufsichtsbehörden für kommerzielle Medien – die sogenannten Landesmedienanstalten – finanziert.
Das Bundesverfassungsgericht hat im August 2021 festgelegt, dass die Bundesländer einen neuen Medienänderungsstaatsvertrag in Kraft setzen müssen, der die Finanzierung von ARD, ZDF und Deutschlandradio regelt. Dabei wird die KEF wieder eine wesentliche Rolle spielen, die den Bedarf der Sender prüft. Das Bundesverfassungsgericht hat bestimmt, dass dabei dann die finanzielle Kompensation wegen der unterbliebenen Beitragsanpassung bis zum 19. Juli 2021 ebenso berücksichtig werden soll „wie auch etwaige Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf den Finanzbedarf der Rundfunkanstalten und die Zumutbarkeit von Beitragserhöhungen für die Bürgerinnen und Bürger“.
Außerdem wollen die die Länder den Auftrag von ARD, ZDF und Deutschlandradio bis Anfang 2023 in einem separaten Verfahren neu regeln.
Zum Urteil des Bundesverfassungsgerichts, zur Rundfunkfreiheit und den Gestaltungsmöglichkeiten der Landespolitik: Interview mit Prof. Dr. Bernd Holznagel, Medienrechtler am Institut für Telekommunikations- und Medienrecht (ITM) in Münster.