Oskar Vitlif ist freier Journalist sowie Trainer und Berater für Medienunternehmen. Er unterstützt Redaktionen bei ihrer digitalen Transformation – zum Beispiel in der ARD, bei der Bauer Media Group oder im Verband Deutscher Lokalzeitungen und Lokalmedien. Davor hat er beim WDR in Köln volontiert und als Radiomoderator und Redakteur in Berlin und Nordrhein-Westfalen gearbeitet.
Große Teile der Wirtschaft treibt momentan die Frage um, welche Auswirkungen der Einsatz Künstlicher Intelligenz (KI) haben wird. Fast die Hälfte der Unternehmen gibt in Befragungen an, bereits KITools wie ChatGPT oder Microsoft Copilot bei der Arbeit einzusetzen. Und dass der Einsatz von maschinellem Lernen Veränderungen für die Arbeitswelt mit sich bringen wird, ist zumindest nicht unwahrscheinlich.
Auch viele Medienunternehmen befassen sich derzeit damit, wie sich KI in den Arbeitsalltag integrieren lässt. Die Hoffnung: Durch KI lassen sich einzelne Arbeitsschritte vereinfachen, das Angebot für das Publikum wird aktueller und vielfältiger, und vielleicht lässt sich so auch dem Fachkräftemangel entgegenwirken. Denn bis 2036 werden fast 20 Millionen Babyboomer in Rente gehen, lediglich 12,5 Millionen erwerbsfähige Menschen werden auf dem Arbeitsmarkt nachkommen.
Kann KI die Lösung für diese Fragen sein? Die Technologie ist kein Allheilmittel. Fehlende Arbeitskräfte in Zeitungsredaktionen, Hörfunk- oder Fernsehsendern wird KI nicht gänzlich ersetzen können.
Das liegt vor allem daran, dass wir KI-Chatbots wie ChatGPT, Google Gemini oder Perplexity nicht blind vertrauen können. Die Systeme neigen dazu, falsche Informationen als wahr wiederzugeben oder falsch einzuordnen (sogenannte Halluzination). Deswegen kommen die Tools nicht ohne menschliche Kontrolle aus. Behält der Mensch aber die Kontrolle über die Inhalte, hat KI das Potenzial, den Journalismus besser zu machen. Vier Ideen:
- Personalisierung: Die Startseite von deutschlandfunk.de zum Beispiel sieht für alle, die sie aufrufen, gleich aus. Bei Netflix, Spotify oder YouTube ist das anders. Dort empfehlen KI-Systeme die Inhalte individuell. Menschen verbringen dadurch mehr Zeit auf der Plattform. Auch im Journalismus werden deshalb erste KI-basierte Empfehlungssysteme getestet.
- Recherche: Weder kann KI gewissenhaft Informationen verifizieren, noch journalistische Interviews in der realen Welt führen. Absehbar ist aber, dass der Mensch in Zukunft häufiger KI-Unterstützung bei der Recherche bekommen kann – wenn er möchte. So kann KI beispielsweise bei der Auswertung von Dokumenten helfen, Interviewaufnahmen abtippen oder relevante Quellen finden. Immer unter der Voraussetzung, dass der Mensch am Ende die Kontrolle über die Ergebnisse hat.
- Unterstützung beim Schreiben: Künstliche Intelligenz kann dabei helfen, Überschriften zu finden oder Texte einzukürzen. Einige Redaktionen nutzen die Technologie bereits, um ihre Texte besser über Suchmaschinen auffindbar zu machen. Erste Redaktionen testen auch schon, komplette Artikel mit KI zu verfassen.
- Illustration: Dort, wo heute im Fernsehen Szenen nachgestellt werden oder in Artikeln gezeichnete Illustrationen zum Einsatz kommen, können bald KI-generierte Bilder oder Videos eingesetzt werden. Das hat aber auch negative Folgen für die Kreativwirtschaft. Illustrator:innen, Schauspieler:innen oder Kameraleute könnten dadurch deutlich weniger Aufträge bekommen.
Was bedeuten diese Trends für die nächsten Jahre? Die Vorteile von Künstlicher Intelligenz für Medienunternehmen, aber auch für andere Branchen, sind absehbar. Welche Auswirkungen der Einsatz von KI mit sich bringen wird, ist aber noch nicht klar. Wenn Redaktionen verhindern wollen, dass die Qualität ihrer Inhalte leidet, müssen sie Mitarbeitende im Umgang mit KI schulen und die Ergebnisse der KITools gewissenhaft kontrollieren.