Valerie Weber, die Programmgeschäftsführerin von Audiotainment Südwest (Betreiber u.a. von Radio Regenbogen, BigFM und RPR1) und frühere WDR-Hörfunkdirektorin sieht das Ende des klassischen Nachrichtenblocks im Privatfunk, aber auch in öffentlich-rechtlichen Hörfunkprogrammen kommen. Das sagte sie im Gespräch mit der Deutschlandfunk-Sendung „Kulturfragen“ (Sendung vom 29. Oktober 2023). Zum 100. Geburtstag des Rundfunks in Deutschland macht sie sich Gedanken über dessen Zukunft.
Auf die Frage, wie sich Radio in den kommenden 10 Jahren verändern wird, sagte Weber: „Nachrichten zur vollen Stunde, das ist etwas, das kennen wir von früher, das war eine wichtige Struktur, da hat man eingeschaltet. Wer schaltet heute noch gezielt, wenn ihn was interessiert, die Nachrichten ein?“ Das Leitmedium sei längst für viele das Smartphone. Dort versorgen sich Menschen mit ersten Informationen und schalten erst dann das Radio ein.
Nachrichten sind das journalistische Rückgrat eines jeden Senders
Nachrichten würden aber nicht verschwinden aus den Programmen, doch die Darstellungsform werde sich grundlegend ändern, so Weber. Dazu brauche es auch in Zukunft „gute, ausgebildete News-Anchor, die Lagen gut einsortieren können und Menschen eine tolle Orientierung geben können, eine Sprache der Hörer sprechen und die dann immer im Studio sind und immer wenn etwas passiert auch wirklich informieren und nicht nur zur vollen Stunde.“
Die Zukunft ist regional
Radiomarken, die Bestand haben wollen, sollten sich auf ihre regionalen Stärken und auf konstruktive Berichterstattung konzentrieren, rät die Radiomanagerin: „Sie können sich nur in der Besinnung auf ihren Raum und ihren Ort von allen anderen nationalen Playern unterscheiden. Und wenn sie gewinnen wollen und eine Leitmarke bleiben wollen, dann müssen sie sich mit einer wichtigen Frage auseinandersetzen: Wie bin ich nützlich?“ Nützlich sein, das sei das Thema dieser Zeit, auch für Radioprogramme.
„Vorsicht vor diesem Podcast-Hype“
Zurückhaltend äußert sich Weber zum anhaltenden Podcast-Trend. Der Markt dafür sei genauso begrenzt wie bei klassischen Wortprogrammen. „Der Podcast-Bereich ist sehr, sehr groß, aber die Nutzung stagniert“, auch weil die zeitlichen Ressourcen der Nutzer begrenzt seien. Das große „Massenmedium Radio“ erreiche weiterhin ungleich mehr Hörerinnen und Hörer. Als Privatradio-Verantwortliche würde sie daher kein Budget aus linearem Radio abziehen, um es in Podcasts zu investieren. Den öffentlich-rechtlichen Sendern rät sie, sich auf wenige große Podcasts zu konzentrieren.
Das Interview führte Martin Krebbers, Verantwortlicher Redakteur der Deutschlandfunk-Medienredaktion.
Der Deutschlandfunk sendet das Interview am Sonntag, 29.10.2023 um 17.05 Uhr in der Sendung „Kulturfragen“.
Nach Bearbeitung ist das Interview der Woche auf der Website nachzuhören: Kulturthema der Woche - Kulturfragen (deutschlandfunk.de)