Schlager ist doch schnell durchschaut, meint man. Da geht es um Liebe und Herzschmerz, Lachen und Vergessen. Oder haben Sie Nino de Angelos Schlagerhit „Jenseits von Eden“ von 1984 schon mal als Weckruf an das ökologische Bewusstsein verstanden? Hat der immer gut gelaunte und dauerlächelnde Roberto Blanco mit seinem Song „Ob schwarz, ob weiß“ womöglich den erfolgreichsten Antirassismus-Song Deutschlands interpretiert? Hinter den eingängigen Melodien und Liedtexten steckt oft mehr, als man auf den ersten Blick vermutet. Und Schlagersängerinnen und -sänger haben bewegte Lebensgeschichten. Marianne Rosenberg, die mit „Er gehört zu mir“, einem Hit vom Eheglück, berühmt wurde, war selbst zum Beispiel überhaupt nicht angepasst. In den 80er-Jahren ging sie in Pumps auf Demonstrationen des Schwarzen Blocks und teilte eine innige Freundschaft mit dem Ton Steine Scherben- Frontmann Rio Reiser.
Schlager zählt zu den am meisten unterschätzten Genres auf dem deutschen Musikmarkt. Trotz der Beliebtheit und langen Tradition des Schlagers dreht sich der musikjournalistische Diskurs kaum um Heino, Kerstin Ott oder Roland Kaiser. Wenn Schlager in die Öffentlichkeit gerät, geht es oft um Drogenskandale oder sexistische Liedtexte. Meist schwingen Vorurteile gegen diese Musikrichtung, ihre Fans und Interpreten mit.
Abseits des Rampenlichts bleiben die Menschen hinter den berühmten Stimmen damit unentdeckt. Comedian und Entertainer Oliver Polak, selbst bekennender Schlagerfan, möchte das ändern. Bekannt für seine kluge, gern provokative Unterhaltungskunst, für seine Freundlichkeit und menschliche Wärme, begegnet er im neuen Podcast von Deutschlandfunk Kultur beliebten Schlagerstars.
„Polaks Schlagertalk“ rückt die Charaktere hinter den Hits und Geschichten, die das Schlageruniversum so einzigartig machen, ins Zentrum. Im Gespräch geben die Schlagerikonen persönliche Einblicke in ihre Biografien, ihre Erfolge und Tiefschläge. Oliver Polak spricht mit Roberto Blanco über seine Kindheit im Libanon, über den frühen Verlust seiner Mutter und erfährt, wie der Entertainer zu heutigen identitätspolitischen Debatten rund um das Thema Rassismus steht. Roland Kaiser schildert seine Kindheit als Waisenjunge im rauen Berliner Wedding und verrät, ob er tatsächlich mal als kleiner Junge auf Willy Brandts Schoß gesessen hat. Marianne Rosenberg erzählt, wie sie als zehnjähriges Mädchen mitten in der Nacht in verrauchten Neuköllner Spelunken zu singen begann, neben ihrem Vater, einem Auschwitz-Überlebenden.
Hinter der funkelnden Welt des Schlagers verbergen sich komplexe Persönlichkeiten mit überraschenden, berührenden und tragischen Lebensgeschichten. „Polaks Schlagertalk“ geht über bloße Biografien hinaus. Er erforscht mit seinen Gästen die vielschichtigen Verbindungen zwischen Schlagermusik, Gesellschaft und Kultur. Schließlich sagt kaum ein Genre mehr aus über Deutschland, seine Mentalität und Bewohner.
Eingefleischte Schlagerfans kommen im Podcast auf ihre Kosten, aber auch alle, die nur einzelne Schlagerzeilen mitsingen können, werden Neues erfahren über die Musiklandschaft und Hörvorlieben dieses Landes. Denn Schlager ist mehr als nur eine Sammlung fröhlicher Melodien – er ist ein Spiegel der deutschen Seele.
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Die ersten beiden Folgen von „Polaks Schlagertalk“ sind ab 19. März über die Dlf Audiothek App zu hören. Danach folgt jeden Dienstag eine neue Folge des sechsteiligen Gesprächspodcasts.
Do., 21./28.3., 16.05 Uhr
Tonart – Polaks Schlagertalk
Die ersten beiden Folgen von „Polaks Schlagertalk“ sind ab 19. März über die Dlf Audiothek App zu hören. Danach folgt jeden Dienstag eine neue Folge des sechsteiligen Gesprächspodcasts.
Do., 21./28.3., 16.05 Uhr
Tonart – Polaks Schlagertalk