Es steht immer noch auf meinem Schreibtisch. Seit 40 Jahren. Mein erstes Kofferradio Blaupunkt Diva. Sie ist, aber vor allem war sie, meine beste Freundin. Früher, wenn die Skala leuchtete, Orte auftauchten, die in weiter, ja unerreichbarer Ferne lagen, dann lagen wir uns – na ja, irgendwie – in den Armen.

Die täglichen Reportagen aus der Bonner Republik, Berichte aus Paris, London oder Washington. Wilde Debatten, Parteienstreit, Misstrauensantrag: Meine Ausflüge mit Diva, dem Radio meines Vertrauens, waren meine ganz persönliche Bundeszentrale für politische Bildung. Hier lernte ich die Welt kennen, während mein eigener Kosmos schnell gegen Mauern rannte. Irgendwann wurde mir klar, ich will auch mal der rasende Reporter werden. Ein Freund meinte Mitte der 80er-Jahre, damals in Ostberlin, geh doch mal zum Berliner Rundfunk. Dort sagte man mir nicht viel, nur, ich müsse in die Partei eintreten, drei Jahre zur Armee gehen und am „Roten Kloster“ in Leipzig Journalistik studieren. Dabei hatte ich gerade die Armee total verweigert, ein Abitur hatte ich auch nicht in der Tasche. Also träumte ich weiter in der beengten Welt der organisierten Fröhlichkeit. Ließ mich treiben, hatte Freunde, denen es ähnlich ging. Wir hörten Blues und lasen Anarchisten. Dann weg, denn so konnte es nicht weitergehen.

In Hamburg habe ich beim NDR angeklopft. Dort hat mich Hilmar Zschach als lernender Reporter an die Hand genommen. Und so kam ich zu meiner ersten Gerichtsreportage. Live. Es ging um den Kremlflieger Matthias Rust, später um Hafenstraßen-Sympathisanten. Das ganze Glück war nun auf meiner Seite. Nach einem Studium in Hamburg und Madrid habe ich ein Volontariat gemacht, mein eigenes Büro gegründet und war als Reporter nur noch im Dauerlauf unterwegs. Als Landesreporter für Deutschlandradio in Brandenburg bin ich für die offene Gesellschaft im Einsatz und verstehe mich als Protokollant des Alltagsgeschehens. Keine Anekdoten aus dem ach so fernen Osten, aus den sogenannten abgehängten Regionen, sondern der authentische Blick auf Brandenburg. Im Blick: die Zugewanderten aus Kreuzberg in der Uckermark ebenso wie den Braunkohlekumpel aus der Lausitz. Wichtig ist mir dabei: Nachfragen und Nachhaken, wenn es um politische Skandale, Affären, Versäumnisse und Missstände geht. Also immer schön die Antenne erden.

Christoph Richter
Landeskorrespondent Brandenburg