Tatort KunstNeue Fälle des True-Crime-Podcasts

Exklusive neue Fälle finden, selbst erleben, recherchieren: das ist das Erfolgsrezept des Teams von Tatort Kunst. Ab dem 5. September gibt es neue Folgen in der Deutschlandfunk App. Kunstexperte Stefan Koldehoff, der zusammen mit Rahel Klein den Podcast hostet, gibt uns einen Einblick in die nervenaufreibende Arbeit an den neuen Fällen.

Detailaufnahme des Gemäldes „Rosen und Wicken” von Lovis Corinth aus dem Jahr 1913 (aufgenommen im Landesmuseum Hannover)
Detailaufnahme des Gemäldes „Rosen und Wicken” von Lovis Corinth aus dem Jahr 1913 (aufgenommen im Landesmuseum Hannover) (Änne Seidel)
Dass es ausreichend viele Themen für einen True-Crime-Podcast im Bereich Kunst und Kultur geben würde: Daran hatten wir nie Zweifel, als Sven Preger und ich vor zwei Jahren „Tatort Kunst“ erfunden und entwickelt haben. Schließlich geht es hier um sehr viel Geld, um einen sehr diskreten Teil der Gesellschaft – und immer wieder machen spektakuläre Fälschungsfälle, ungeklärte Besitzverhältnisse und Diebstähle Schlagzeilen.
Würden wir aber ausreichend viele Autorinnen und Autoren finden, die es nicht nur schaffen, hinter die glitzernden Fassaden von Museen, Galerien und Auktionshäusern zu sehen, sondern dann auch lebendig, spannend, begeisternd zu erzählen, was sie dort erfahren haben? Und fast noch wichtiger: Wie viele Menschen wollen diese Geschichte anschließend wohl hören? Werden sie das, was wir ihnen nach aufwendiger Recherche gern exklusiv erzählen wollen, interessant finden, auch wenn es nicht aus einem klassischen Bereich investigativer Recherche wie Politik, Wirtschaft, Sport, sondern aus dem scheinbar so unverdächtigen Kulturressort kommt? Und das im für den Deutschlandfunk damals noch ungewohnten Storytelling-Format: als selbst erlebte und erzählte Geschichte. Würde man das, was wir aufdecken, für gesellschaftlich relevant halten? Schließlich geben wir am Ende für die Umsetzung unserer Ideen Geld aus, das uns die Öffentlichkeit zur Verfügung stellt. Dafür arbeiten rund 20 fest angestellte und freiberufliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein Dreivierteljahr lang. „Wird schon funktionieren“ ist da keine Option.
„Tatort Kunst“ hat in jeder Hinsicht die Erwartungen erfüllt. Das können wir selbstbewusst nach der ersten Staffel sagen, die im September 2023 mit fünf Geschichten in sieben Folgen veröffentlicht und in diesem Jahr für den Deutschen Radiopreis nominiert wurde. Deshalb gibt es in diesem Herbst vier neue Fälle unseres investigativen Podcasts in acht aufwendig produzierten Folgen. Wir fragen, warum aus europäischen Museen seit Jahren vor allem chinesische Kunst verschwindet, und untersuchen, woher die rund 120 wertvollen Bilder stammen, die die Stadt Hannover 1949 von einem dubiosen Privatsammler gekauft hat. Wir suchen in deutschen Archiven nach unentdeckten Texten von Franz Kafka und folgen der Spur jener Meisterwerke, die unter US-Besatzung nach Kriegsende aus deutschen Museumsdepots gestohlen wurden. Anne Preger als Künstlerische Leiterin und Timo Ackermann als Sounddesigner sorgen für die Einheit von Inhalt und Form.
Zu sehen ist eine Bildcollage aus einer Karteikarte (aus den Vorarbeiten zum Werkverzeichnis von Lovis Corinth), dem Provenienzforscher Marcus Kenzler am Landesmuseum Oldenburg und der Reporterin Änne Seidel im Depot des Landesmuseums Hannover
Nachforschungen zu den Bildern, die die Stadt Hannover 1949 gekauft hat (v.l.n.r.): Karteikarte aus den Vorarbeiten zum Werkverzeichnis von Lovis Corinth; Marcus Kenzler, Provenienzforscher am Landesmuseum Oldenburg, im Archiv des Museums; Reporterin Änne Seidel im Depot des Landesmuseums Hannover (© links: Stefan Koldehoff; Mitte und rechts: Änne Seidel)
Einfach machen wir es uns bei diesen Recherchen nicht. Nicht jede und jeder, an die oder den wir manchmal auch unangenehme Fragen haben, möchte sie uns gern beantworten. Manchmal bekommen wir gar keine Rückmeldung. Manchmal müssen wir wochenlang warten, bis jemand auf unsere Anfrage reagiert – und dann sagt die Person, die die entscheidenden Fragen beantworten könnte, ihr Interview doch im letzten Moment noch ab. Manchmal meldet sich ein Kulturattaché erst gar nicht zurück und vertröstet uns dann später – vielleicht – auf das Jahr 2025.
Dafür gelingt es uns aber immer wieder, an Orte zu kommen, zu denen andere Journalistinnen und Journalisten kaum Zugang bekommen: In den mehrfach gesicherten Kellertresor eines wichtigen Auktionshauses in London – weil wir wissen wollen, ob man dort ein wertvolles Original oder eine Fälschung hat. In das Bilderdepot eines großen Museums in Norddeutschland – weil uns auch die Rückseite eines bestimmten Bildes interessiert. Ins Bundesarchiv in Berlin – weil wir wissen wollen, ob es dort nicht doch noch unaufgearbeitete Bestände gibt. Denn das war von Anfang an unser Anspruch: Wir wollen keine Geschichten aus Akten nacherzählen, die schon hinlänglich bekannt sind. Wir wollen exklusive neue Fälle finden, selbst erleben, recherchieren – und möglichst aufklären. Ob uns das gelungen ist, verraten die neuen Folgen von „Tatort Kunst“  – wieder mit Rahel Klein und mir als Hosts.
Die neuen Folgen von „Tatort Kunst“ sind über die Deutschlandfunk App zu hören.

Ab 5.9.: Chinesische Beute
Autorinnen: Minh An Szabó de Bucs und Rahel Klein

Ab 19.9.: Der verschwundene Kafka
Autorin: Jana Magdanz

Ab 3.10.: Hannovers dunkles Erbe
Autorin: Änne Seidel

Ab 17.10.: Diebische Befreier
Autor: Maximilian Brose

Im Deutschlandfunk-Programm werden die Podcast-Folgen Ende des Jahres ausgestrahlt, wir werden Sie über die Sendetermine informieren.