Ende Januar 2018 marschierten türkische Truppen und verbündete Islamistenmilizen ins kurdische Afrin in Nordsyrien ein. In den darauffolgenden Tagen verübten sie Massaker, sexualisierte Gewalt und systematische Folter an Zivilisten. Bis heute wurden über 70 Prozent der einst ansässigen Einwohner vertrieben. Seit der Offensive ist die syrische Region Afrin unweit der Grenze zur Türkei für unabhängige Medien ein Sperrgebiet. Und von der Türkei überwachte Dschihadistengruppen operieren dort weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit.
Kurz vor dem sechsten Jahrestag der türkischen Besetzung des nordsyrischen Afrin am 20. Januar 2018 hat die Menschenrechtsorganisation ECCHR (European Center for Constitutional and Human Rights) heute bei der Generalbundesanwaltschaft in Karlsruhe Klage gegen die Anführer mehrerer islamistischer Terrormilizen eingereicht. Anklagegrund: Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Deutschlandfunk Kultur konnte als einziges Hörfunkmedium im Vorfeld exklusiv mit den Anwälten und den Zeugen der Massaker sprechen. Diese erzählten Reporter Marc Thörner auch zum ersten Mal von ihren Gewalterfahrungen, die ihnen in den Gefängnissen der türkisch kontrollierten Milizen widerfuhren.
„Oft zwangen sie uns Gefangene, uns alle auszuziehen. Sobald wir dann nackt waren, fingen sie an, unsere Rücken mit Rasierklingen aufzuritzen. Und in die Wunden träufelten sie Alkohol oder Essig. Oder sie streuten Salz darauf“, so ein Zeuge, der entkommen konnte. Patrick Kroker, Anklageführer der Berliner Menschenrechtsorganisation ECCHR: „Wir stellen eine Strafanzeige beim Generalbundesanwalt in Karlsruhe und stellen gleichzeitig eine ganze Menge von Beweismitteln dem Generalbundesanwalt zur Verfügung, mit denen sie ihre Ermittlungen beginnen können.“ Nach dem sogenannten Weltrechtsprinzip können solche Verbrechen auch in Deutschland strafrechtlich verfolgt werden.
Die Sendung „Weltzeit“ von Marc Thörner ist online HIER abrufbar.
Im Radioprogramm von Deutschlandfunk Kultur ist die „Weltzeit“ am heutigen Donnerstag, 18. Januar, um 18.30 Uhr zu hören.
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